Tretmühlen des Glücks

Mathias Binswanger beschreibt vier Tretmühlen, in denen wir uns oft wiederfinden und die unser Glücklichsein beeinträchtigen (Binswanger, 2011).

Die Statustretmühle: „… [Die meisten Menschen] glauben, sich mit Hilfe eines hohen Einkommens und dem Erwerb von Statusgütern vom Rest der Bevölkerung abheben zu können, und dadurch glücklicher zu werden. Sie vernachlässigen die Tatsache, dass andere Menschen sich genau gleich verhalten, und damit den eigenen, mühsam erkämpften Status wieder abwerten.“ (Binswanger, 2011, S. 67).
Die Anspruchstretmühle: „Die mit dem Wohlstand steigenden Ansprüche sind die treibende Kraft hinter der Anspruchstretmühle. Es ist letztlich die Differenz zwischen Einkommen und Einkommensansprüchen, die das Glück ausmacht, und diese Differenz bleibt trotz stets steigenden Einkommens und zunehmenden Wohlstands mehr oder weniger konstant. Also stagniert auch das Glücksempfinden“ (Binswanger, 2011, S. 82).
Die Multioptionstretmühle: Die Vielfalt von Optionen trägt zum Glück der Menschen bei, solange „die Zahl der Optionen noch überschaubar ist. Ist einmal ein gewisser Schwellenwert erreicht, dann bringen zusätzliche Optionen kein weiteres Glück mehr, da die Freude an zusätzlichen Möglichkeiten der Bedürfnisbefriedigung durch die stets grösser werdenden Probleme bei der Auswahl der richtigen Option zunichte gemacht werden. (…) Um wirklich gute Entscheidungen zu treffen, fehlt es uns sowohl an Informationen (…) als auch an Zeit.“ (Binswanger, 2011, S. 106).
Die Zeitspartretmühle: nur kurz: die technischen Fortschritte haben nicht wirklich viel gebracht: Bsp: schnellere Verkehrsmittel >> längere Pendlerwege, bessere Waschmaschine >> mehr waschen … E-Mail >> mehr Post …

Natürlich gibt es auch Möglichkeiten, den Mühlen zu entkommen (Binswanger, 2011, S. 142). Eine davon möchte ich hier aufgreifen: Sozialkapital aufbauen (um der Anspruchs- und der Multioptionstretmühle zu entkommen).

«Sozialkapital» kann wohl etwa so verstanden werden: [Sozialkapital bietet] (…) Zugang zu den Ressourcen des sozialen und gesellschaftlichen Lebens wie Unterstützung, Hilfeleistung, Anerkennung, Wissen und Verbindungen bis hin zum Finden von Arbeits- und Ausbildungsplätzen.

Und da es ein «Kapital» ist, wird angenommen, dass «je mehr desto besser» ist. Binswanger ( 2011, S. 150) schreibt zum Sozialkapital:

Wir wissen, wie wichtig das Sozialleben und Sozialkontakte für das Glück der Menschen sind. Trotzdem wird deren Beitrag zum persönlichen Glücksempfinden aufgrund mangelhafter geistiger Buchhaltung häufig unterschätzt. Ein intaktes Sozialleben bringt eine hohe «psychologische Dividende» an Glück und Zufriedenheit, die sich jedoch nicht in Geldeinheiten messen lässt. Und was man nicht messen kann, wird oft (…) ausser Acht gelassen. (…) [So] überschätzen wir das mit Einkommen und dem Kauf von materiellen Gütern verbundene Glück und unterschätzen gleichzeitig das Glück aufgrund des Zusammenseins mit den [uns wichtigen] Menschen (…).

Sozialkapital aufzubauen und zu pflegen setzt ein aufrichtiges Interesse an anderen Menschen voraus (Binswanger, 2011, S. 153).

Wie setzt sich dein Sozialkapital zusammen? Wer sind die drei Menschen, die dich aufrichtig interessieren?

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Woran wirst du in fünf Jahren sehen, dass dein Sozialkapital gewachsen ist?

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Übrigens: Wenn das Zusammensein mit anderen Menschen oft einfach nur anstrengend ist, dann lohnt sich vielleicht das Buch «Psychovampire» (Peseschkian, 2009) zu lesen. Peseschkian beschreibt, wie andere Menschen einem Energie absaugen können und zeigt auch, wie man damit umgehen kann.


Quellen:

Binswanger, M. (2011). Die Tretmühlen des Glücks : wir haben immer mehr und werden nicht glücklicher. Was können wir tun? : Freiburg im Breisgau : Herder

Peseschkian, H. (2009). Psychovampire : über den positiven Umgang mit Energieräubern: Zürich : Orell Füssli